von CARL CHRISTIAN JANCKE
Nicht erst mit dem “Traction Avant” waren französische Automobile technologische und ästhetische Avantgarde. Untergegangene Marken wie Le Voisin oder Facel Vega zeigen, dass auch luxuriöse Angebote scheitern können. Bis zum CX in den Siebziger Jahren hielt Citroen die Tradition der Avantgarde aufrecht. Wesentlich dafür war der Autodesigner Robert Opron, der etwa für den Entwurf des legendären SM verantwortlich zeichnete. Aber auch den späteren Golf-Konkurrent GS gestaltete und später bei Renault das Mittelklasse -Coupé Fuego zeichnete.
Heute produzieren die Franzosen nur noch Konfektionsware. Ihren elitären Anspruch haben sie verloren und so konkurrieren sie heute auf den europäischen Märkten mit Hyundai und Toyota. Und ein richtiger Unterschied ist nicht mehr erkennbar.

Neben dem heute noch in aller Munde befindlichen CX verdiente für den französischen Hersteller der aus Oprons Feder stammende GS das Geld. Über 2 Millionen Exemplare liefen vom Band. Die legendäre hydropneumatische Luftfederung machte das Auto selbst auf Schlaglochpisten zur Sänfte. Und nicht nur die vier Scheibenbremsen, damals ein hundertprozentiges Sicherheitsasset, das in der Käfer- und Golf-Klasse unvorstellbar war, führte selbst im Auto-Motor und Sport Vergleichstest zum Sieg.

Citroen GS Quelle Citroen
Opron hat der Avantgarde mit dem GS ein Gesicht gegeben, das zwischen 1970 und 1985 immerhin 2,5 Millionen mal verkauft wurde. Vergleicht man das Erscheinungsbild dieses Auto mit Konkurrenten wie dem Opel Kadett, Ford Escort oder auch dem VW Käfer, die seinerzeit das Straßenbild prägten, dann ahnt man, wie weit die Franzosen dem deutschen Automobilbau voraus waren. Gemeinsam mit NSU versuchte man sich sogar an einem Birotor genannten Wankelmotor, fast 900 Autos wurden gebaut.
Opron gab der Avangarde eine Gestalt, so wie beim GS, der natürlich in den Siebzigern wie schon der DS und der CX der automobilen Zukunft und dem Glauben an den techologischen Fortschritt die Avantgarde repräsentierte. Damals standen die Italienischen Autos für die Leidenschaft, die deutschen für solide Autobahnfestigkeit und die Franzosen für die Blech gewordene Zukunft. Und Citroen war der Antrieb der ganzen Industrie. Es mag sein, dass die Fusion mit dem eher bodenständigen Peugeot-Konzern zu einer gelangweilten Mutlosigkeit geführt hat. Peugeot stand eher für charmante Konventionalität . Wer sich in Deutschland als Individualist die kapriziöse Citroen-Technik nicht zutraute, griff zum seriösen Peugeot. Die Linken verbesserten sich dagegen gerne von der Ente oder dem Renault 4 zum Renault 16, der schon in den Sechzigern den VW Passat vorausnahm. Heckklappe, variable Innenraumgestaltung und wassergekühlter Vierzylinder.
Der GS hatte noch einen luftgekühlten Boxermotor unter der Haube und die VW-Konkurrenten 1500/1600 und 411/412 weniger leistungsfähige luftgekühlte Motoren über der Hinterachse. VW wäre damals fast pleite gegangen.
Was lernen wir daraus? Leute wie Opron haben der technologischen Avantgarde ein Gesicht gegeben. Jedermann konnte sein, von welchem Fortschrittsglauben ein Citroen-Fahrer getragen war. Dass das gemeinsame Projekt mit Maserati (der Motor kam aus Italien) scheiterte, nahm man achselzuckend in Kauf. Immerhin leuchteten die Frontlichter um die Ecke, wenn man das sensationelle Einspeichenlenkrad in die Kurve lenkte.
Alles ist vergänglich. Nicht nur die innovative Vormachtstellung der Franzosen. Wir Deutschen setzen im Moment alles daran, den Charakter unserer Industrie herabzuwürdigen und zu beschädigen. So wie die französische immer gewöhnlicher wurde.
Robert Opron muss das nicht mehr miterleben. Er ist vor Ostern gestorben.
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