Wie elektrifizierte Klassiker dem Klima schaden

von CARL CHRISTIAN JANCKE

Berlin, 23.05.2021. Opel hat gerade einen PR-Coup gelandet. Landauf – landab berichtete man von einem elektrifizierten Manta A, den die Rüsselsheimer modifiziert hatten. Auf den ersten Blick war offensichtlich, dass mehr als die Rohkarrosserie vom früheren Fuchsschwanzträger nicht übrig geblieben war. Das Auto hat nicht mal eine Antenne, an der der im wahren Autoleben des Mantas baumelte . Für´s Klima ist die Studie eher schädlich wie alle derartigen Experimente. Wenn das Auto auf “Zero Mission” ist, wie am ehemaligen Kühlergrill erscheint, dann ist das noch ein weiter Weg.

Credits: Opel

Das Unheil nahm bereits 2011 auf dem Oldtimer Grand Prix seinen Lauf, als der Windpark-Betreiber Willy Balz mit einem elektrischen JaguarE-Type auftauchte. Dem Auto hatte man den bildschönen Reihensechszylinder entrissen und stattdessen einen Elektromotor eingepflanzt. Für die automobile Szene ein Frevel. 2012 wurde der Jaguar sogar auf der Technoclassica gezeigt.

Balz´Geschäfte waren windiger als es schien. Bereits 2013 wurde über die Windrreich GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Was aus dem Elektro-E-Type wurde ist unbekannt. Allerdings kam man bei Jaguar-Landrover auf eine ähnliche Idee.

Credits: JaguarLandrover

Tim Hannig, 2018 noch Direktor, Jaguar Land Rover Classic, sagt: „Wir waren überwältigt von der positiven Reaktion auf die Studie Jaguar E-Type Concept. Den Spaß an Klassikfahrzeugen auch in Zukunft zu sichern, ist ein wichtiger Stützpfeiler in der Geschäftspolitik von Jaguar Land Rover Classic. Der E-Type Zero untermauert die unglaubliche Strahlkraft und Historie des E-Type sowie zugleich die reiche Erfahrung und hohe Handwerkskunst unseres Teams. Darüber hinaus steht das Modell auch für den Willen von Jaguar Land Rover, elektrifizierte Antriebe über alle Geschäftsbereiche auszurollen, inklusive Jaguar Classic.“

Jaguar Landrover Pressemitteilung

Credits: JaguarLandrover

Die Fahrleistungen des elektrischen E-Types sollten besser sein als die des Reihensechszylinders und die Reichweite sollte 275 km ausmachen. Genug für eine Kaffeefahrt, zu wenig für die Teilnahme an der ein oder anderen Fahrveranstaltung, wenn man den mangels Originalität überhaupt zugelassen wird. Die Ladezeit sollte sechs bis sieben Stunden dauern.

Quelle: JaguarLandrover

Unter dem Blech der “Katze” sollte die Plattform des “I-Pace” schnurren. Doch daraus wurde nichts. 2020 teilten die Briten potentiellen Interessenten mit, dass die Entwicklung eingestellt und die Produktion nicht aufgenommen würde.

So blieb einigen der rund 38.000 Sportwagen ein elektrisches Schicksal erspart.

Credits: Volkswagen Classic

Ein elektrifiziertes VW Käfer Cabrio kann man dagegen kaufen. Dann surrt er wie eine Nähmaschine und der raue Sound des luftgekühlten Boxermotors ist nicht mehr zu hören. Unter dem Blech steckt dann die Plattform des Kleinwagen E-Up und auch hier soll es zu erheblichen Leistungssteigerungen kommen.

Credits: Volkswagen Classic

Die Komponenten aus den VW-Werken Kassel und Braunschweig bilden im e-Käfer eine antriebstechnische Allianz, bei der der E-Motor in der Leistungsspitze 60 kW / 82 PS erreicht. Das Batteriesystem ist im Wagenboden verbaut und besteht aus bis zu 14 Modulen mit jeweils 2,6 kWh Kapazität. Zusammengenommen liefern die Module der Lithium-Ionen-Batterie einen Energiegehalt von bis zu 36,8 kWh. Die höhere Leistung und das durch die Elektrifizierungsumfänge erhöhte Gewicht bedingen eine Anpassung und Verstärkung von Fahrwerk und Bremsen. Trotz des neuen Gesamtgewichts von 1.280 kg beschleunigt der unter Strom gesetzte Käfer in nur knapp vier Sekunden auf 50 km/h und gut acht Sekunden auf 80 km/h. Die Reichweite des bis zu 150 km/h schnellen e-Käfer beträgt ca. 200 km. Trotz verbauten Großserienkomponenten CCS-Schnellladen wird der Trip im offenen Cabrio zum Gardasee eine logistische Großleistung. Entkernt wird der Wagen bei den schwäbischen Spezialisten von eClassics.

Credits: Volkswagen Classic

Dann fehlt nicht nur das Auspuffrohr, sondern der ganze Heckmotor ist verschwunden. Da schafft dann eine Kiste Bier frische Energie. Doch der Spass ist nicht billig. Bringt man einen rostfreien Käfer mit, kostet das 50.000 Euro. Wenn ein VW komplett umgebaut werden soll, verdoppelt sich der Aufwand. Drunter ist ohnehin kein elektrischer Oldtimer zu haben.

Credits: Opel

Zum Vergleich: ein gut erhaltenes Benzin-betriebenes Krabbeltier gibt es so ab 30.000 Euro. Also für knapp ein Drittel. Da blubbert dann der altbekannte Vierzylinder im Heck. Und für´s Klima ist es eh besser. Und wenn man einen 914er VW-Porsche Motor einbaut, ist es nicht nur billiger, sondern auch besser für´s Klima.

Credits: Drehmoment Talk mit Johannes Hübner – Die Nachhaltigkeit des klassischen Automobils-

Klassische Automobile sind die klimafreundlichste und nachhaltigste Art der Fortbewegung – solange sie nicht auf Elektrik umgerüstet werden. Mehr als 20 Prozent der CO²-Emissionen eines gewöhnlichen PKW entfallen auf die Herstellkosten. Je länger das Auto in Betrieb bleibt, desto geringer ist dieser Anteil.

Der CO²-Rucksack

Bei Elektroautos ist der Anteil höher. Das liegt an der Produktion der Batterien. Die kommen meistens aus China und dabei wird viel CO² freigesetzt. Wie wir seit dem Tesla-Fabrikbau in Grünheide wissen, wird dafür auch Wasser gebraucht. Und zwar nicht wenig. Deshalb sprechen selbst die Jünger des Elektroglaubens von einem CO²-Rucksack, den ein Elektroauto zu Beginn seines Lebenszyklus mit sich herumschleppt.

Je weniger ein Auto also fährt und je größer die Batterie, desto länger dauert der Abbau. Über die Größe und Schwere des Rucksacks wird gestritten. Dass es wohl einige 10.000 km braucht, ist jedenfalls Konsens.

Ladestrom nicht CO²- frei

Quelle: Energycity map: Deutschland emittiert am 23.05 um 15.00 Uhr 127g Co²Equivalent je kw. Im Dunkeln, bei Windstille und Kälte sind es deutlich mer.

Der dritte Faktor: Der Strom, mit dem Auto geladen wird, ist nicht CO²-frei. Im Gegenteil. Er kommt nicht nur aus der Steckdose sondern auch aus dem Kohle- und dem Gaskraftwerk. Je nach Wetterlage schwankt die Belastung, auch je nach Energiebedarf muss französischer Atom- oder polnischer Kohlestrom zum Laden genutzt werden.

Niedrige Fahrleistungen machen eine Kompensation unmöglich!

Genau das tut es aber nicht. Wenn es hochkommt, legt ein soches Auto vielleicht 1-3000 km zurück. Im Jahr. Denn es handelt sich ja um ein Freizeitvergnügen, dem man am liebsten bei Sonnenschein auf der Landstraße nachgeht. Und nicht im Schneetreiben auf dem Weg zur Arbeit durch den Pendler-Asphalt-Dschungel. Das belegen zumindest alle empirischen Untersuchungen. Anders gesagt: Das elektrifizierte Alt-Auto hat keine Chance, den Rucksack jemals wieder abzuarbeiten. Und die

Hinzu kommt, dass der Strom, den das Auto tankt, eben nicht emissionsfrei gewonnen wurde und das auf lange Zeit auch nicht sein wird. Das verschlechtert die Bilanz zusätzlich.

Wirtschaftlicher Totalschaden durch Umbau

Quelle: DW-TV mit den Pros und Cons

Die Transplation des Elektromotors und der Akkus schlägt mit mehr als 100.000 Euro zu Buche. Und das bei einem Fahrzeugwert, der vorher vielleicht 50.000 oder mehr betrug. Das lohnt sich bei so niedrigen Laufleistungen auch wirtschaftlich nicht.

Damit wird aber auch dieser Fahrzeugwert zerstört. Denn ein klassisches Automobil ist wertvoller, wenn es original ist. Dazu gehören selbstverständlich der originale Motor und das ursprüngliche Getriebe, mit denen das Auto einst die Fabrikhallen verlassen hat. Schon eine Austauschmaschine führt meist zu erheblichen Wertverlusten.

Ein moderner Elektroantrieb vernichtet den Charakter und das Wesen des Wagens. Mit dem Ursprungsmodell hat das dann nichts mehr zu tun. Darauf deuten nicht nur die völlig deplazierten Instrumente und Displays, die nicht einmal James Bond in seinen Aston Martins zur Verfügung hatte. Der wirtschaftliche Schaden lässt sich also so addieren: ursprünglicher Fahrzeugwert + Umrüstkosten. Die KfZ-Steuerersparnis gegenüber dem H-Kennzeichen ist dagegen dürftig.

Historische Automobile sind ein Gesamtkunstwerk

Ob Opel Manta oder Jaguar E-Type, klassische Automobile sind ein Kulturgut, ein historischer Zeitzeuge vergangener Epochen und ein Zeugnis des technischen Fortschritts. Es gilt, mit ihnen – vor allen den gut erhaltenen Exemplaren – sorgsam umzugehen, sie zu hegen und zu pflegen und zu erhalten. So wie sie einst konstruiert wurden und einst neu die Fabrikhallen verlassen haben.

Ihre Elektrifizierung ist ein kontraproduktiver Frevel. Kontraproduktiv, weil sie das Gegenteil von dem produzieren, was sie vorgeben. Mit ihr steigen die CO²-Emissionen und werden eben nicht gesenkt oder gar vermindert. Ein Frevel ist sie, weil sie eben diese Kulturgüter bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Das mag für den ein oder anderen Marketing-Gag taugen. Der automobilen Kultur dient es nicht.

Replicas und eFuels als Ausweg

Wer unbedingt mit einer klassischen Karosse elektrisch umher fahren will, dem sei eine Replica empfohlen, ein Nachbau, der oft dem Original täuschend ähnelt. Darunter sind auch gut Batterien und Elektromotoren zu kaschieren.

Wer dagegen tatsächlich Treibhausemissionen reduzieren will, kann heute schon synthetische Kraftstoffe mit seinem Oldie tanken, ohne auch nur eine einzige nicht zeitgemäße Modifikation vornehmen zu müssen. Die werden bald verfügbar sein.

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