Ist die Zukunft schon Vergangenheit? Abschied vom i8.

von CARL CHRISTIAN JANCKE 

Fast still und heimlich hat BMW nach mehr als 20.000 Exemplaren seinen Technologieträger i8 im Juni eingestellt. Die vergleichbar geringe Stückzahl wird einen der ersten Plug-In-Hybriden aus deutscher Produktion später zum geschätzten Klassiker machen. Insbesondere der erst ab 2017 gebaute Roadster, der nur rund 10 Prozent der Stückzahl Und seine Batterie zu einem begehrten Exemplar. Aber ein durchschlagender Imageträger wurde der im Design an den M1 angelegten Sportwagen wohl nicht. 

Meine Begegnung mit dem I8 fand 2018 statt. Der Einstieg über die vorne angeschlagenen aber nach oben öffnenden Türen war ein wenig beschwerlich, wenn man aber seine Sitzmulde erklommen hat, fühlt man sich pudelwohl. Die rein elektrische Reichweite gab das Auto mit 30 km an, immer noch genug um von Grünwald in die Maximilianstraße zu gleiten oder vom Grunewald zum Kudamm. Mit einem Büro am Gendarmenmarkt wird es schon eng. Und eine Tiefgarage mit Steckdose braucht man allemal, wenn es elektrisch zurückgehen soll. 

Heute haben Plugin-Hybride größere Batterien und damit auch größere Reichweiten. Und damit auch einen größeren “ökologischen Rucksack”, denn das Akku produziert sich ja nicht von selbst. Und auch da entweicht CO² in die Atmosphäre und auch seltene Erden werden nötig, um sie herzustellen. Umweltfreundlich ist das nicht.

Trotzdem taugt der I8 nicht nur zum political correcten Café Racer. Schließlich kann der Nachwuchs ja auch mit dem Familien-SUV zur Schule gebracht werden. 

Auf der Strecke zwischen Kochel am See und dem Walchensee kann man mit ihm die Motorradfahrer verschrecken, auch wenn hier ein strenges Tempolimit und gar ein Fahrverbot am Wochenende für die Zweiräder gilt. Kurvenlage, Fahrwerk und selbst Motorleistung lassen nichts zu wünschen übrig. Und selbst auf der Autobahn gibt das 1,5 – Liter Motörchen ordentlich Gas. 231 turbogeladene PS treiben die Hinterachse an, 131-143 elektrische PS greifen auf die Vorderachse zu. Zusammen sorgt der Vortrieb für 4,4 Sekunden von 0 auf 100. Bei 250 km/h ist Schluß. Das sind ordentliche Fahrleistungen für einen Sportwagen. 

Innovativ ist die Carbon-Karosse, die er sich mit dem reinelektrischen I3 teilt. Beide Autos sind allerdings ein schlagender Beweis dafür, dass die deutsche Autoindustrie mitnichten die Zukunft verschlafen hat. Wenn die I-Modelle weggegangen wären wie warme Semmeln, gäbe es eine größere Auswahl. Aber trotz immenser Subventionierung erweisen sich die Rein-Elektrischen Autos als Ladenhüter. Kein Wunder, jeder Langstreckentest liest sich wie ein Abenteuerbericht auf der Such nach der nächsten Ladesäule. Meist werden die mindestens halbstündigen Zwangspausen an einer kargen Raststätte oder gar einem trostlosen Industriegebiet wenigstens schön geschrieben. 

Zurück zum Carbon. Damit lassen sich bis zu 50 Prozent Gewicht beim I8 sparen. Dass das trotzdem 1,5 Tonnen auf die Waage bringt, liegt – man ahnt es schon – an den mitgeführten elektrischen Energie-Speichern. 

Immerhin versuchte die Münchner Tuning-Schmiede Gabura, den I8 von dieser Bürde zu befreien. Unter die Karosse sollte der 4,4 V8 des BMW M6 verpflanzt werden. Hat leider nicht geklappt. Noch besser wäre vielleicht ein leichterer Hochleistungssechszylinder gewesen. Seit Lotus-Gründer Colin Chapman wissen wir schließlich, dass schwere Autos schnell geradeaus fahren können, leichte aber immer.  Immerhin taucht auf den Rennstrecken ein “I8 Silhouette” auf. Unter der Karosse steckt wohl ein lupenreiner M6 GTR.

Dass aus dem Technologieträger i8 kein rauschender Erfolg wurde, liegt nicht am Auto selbst. Das ist alles andere als eine Spaßbremse, sieht spektakulär aus und bringt auch im Gegensatz zum 911 noch das Umweltbewußtsein seines Fahrers öffentlichkeitswirksam auf den Boulevard. 

Der i8 bekommt keinen Nachfolger. Schon wegen den CO²-Grenzwerten gibt es fast jedes Modell auch als Plug-In Hybrid. Demnächst gibt es einen vollelektrischen X3 aus München und der i3 bekommt mit dem I4 einen ebenfalls vollelektrischen großen Bruder, eine Art SUV/Van/Kombi oder die eiermilchlegende Wollmilchsau. Den elektrischen Mehrpreis wiegen die horrenden Kaufprämien also gerade nicht auf. Elektro-Autos sind ohnehin eher was für besserverdienende Gutmenschen mit eigener Garage und Ladestation. Für alle anderen bleibt ja immerhin der Elektro-Smart.

Weine ich also dem i8 eine Träne nach. Das brauche ich nicht. In Deutschland sind nur knapp 3.000 davon zugelassen. Die werden ihre Eigentümer schon wegen der Seltenheit erhalten. Außerdem darf Carbon kaum auf den Schrottplatz. Und so teilt der  hybride Vorreiter das Schicksal so vieler unverstandener Innovatoren. Gestern war er die Zukunft. Heute ist er ein Klassiker von morgen.

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